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Gehaltstransparenz auf dem Prüfstand: Warum deutsche Firmen jetzt handeln müssen

Für Innogames ist Gehaltstransparenz kein Thema mehr. Das Gaming-Unternehmen hat längst Gehaltsbänder aufgesetzt. Andere Firmen sind da weniger progressiv. Doch das kann sich bald rächen.

3 Min.
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Gehaltstransparenz in Deutschland kaum vorhanden. (Foto: Gabriel Preda RO / Shutterstock)

Faire Gehaltsbänder zu entwickeln und einzuführen, hat bei Innogames mehrere Jahre gedauert: „Während dieser Zeit gab es auch Fälle von Unzufriedenheit“, erklärt Sandra Wandschneider, die bei der Spieleschmiede für Personalthemen zuständig ist. „Was jemand als faire Vergütung ansieht, ist sehr individuell.“ Da das so ist, machen viele Unternehmen oft ein großes Geheimnis darum. Auch wenn der Aufwand hoch war: Innogames geht offen mit Gehaltsdaten um. „Heute erhalten wir nur noch selten Rückmeldungen dieser Art.“

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Vor allem im Recruiting macht sich das bezahlt. Nach Bekanntgabe der entwickelten Gehaltsbänder stieg die Anzahl der Bewerbungen. Stellen wurden zügig besetzt, sogar diejenigen, die schon länger vakant waren. Dass die Deutschen mehr Transparenz am Stellenmarkt nicht nur begrüßen, sondern sich regelrecht wünschen, zeigen Studien: Einer aktuellen Umfrage der Jobplattform Indeed zufolge, wünscht sich mit über 60 Prozent die große Mehrheit der Deutschen transparente Informationen zum Gehalt in Stellenanzeigen.

Gehaltstransparenz in Deutschland kaum vorhanden

Arbeitgeber zeigen sich dennoch weitestgehend unbeeindruckt davon. So sind Gehaltsangaben in hiesigen Stellen eher die Ausnahme als die Regel. Obwohl sich laut Indeed seit 2019 ein starker Positivtrend abgezeichnet hat, kam der 2023 schon wieder ins Stocken. Im europäischen Vergleich bleibt Deutschland damit weiter deutliches Schlusslicht. Demnach beinhalten aktuell 15,8 Prozent aller Stellenanzeigen hierzulande eine transparente Gehaltsangabe. Sobald die Jobplattform auch Verweise auf Tarife hinzurechnet, steigt der Anteil auf 23,7 Prozent.

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Der Blick auf andere führende Volkswirtschaften in Europa zeigt, dass Deutschland trotz des Transparenzschubs vor einigen Jahren immer noch großen Aufholbedarf hat. So enthalten in Großbritannien aktuell 69,7 Prozent aller Stellen transparente Angaben zum Gehalt. In Frankreich liegt der Anteil bei 50,7 Prozent, gefolgt von den Niederlanden und Irland mit 45,3 und 40,3 Prozent. Allein Italien schneidet mit 19,3 Prozent ähnlich niedrig wie Deutschland ab. Indeed-Ökonomin Lisa Feist glaubt, die Hintergründe für das geringe Niveau zu kennen.

„Studien verweisen immer wieder auf die Vorteile von Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen“, so Feist. Sie sorge dafür, dass Beteiligte gut informiert in Gehaltsverhandlungen gehen, was sich positiv auf Lohngerechtigkeit und Mitarbeiterzufriedenheit auswirke. „In Deutschland nutzen Arbeitgeber sie aber vor allem, wenn der Konkurrenzdruck bei der Mitarbeitersuche hoch ist. Dies legt nahe, dass Gehaltsangaben eher als strategisches Mittel zur Personalgewinnung eingesetzt und noch nicht systematisch implementiert werden.“

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Dass das die falsche Herangehensweise sein dürfte, daran lässt auch Sandra Wandschneider kaum Zweifel. Gehaltstransparenz sollten Unternehmen primär einfügen, weil Lohngerechtigkeit ein erstrebenswertes Ziel darstelle, so die Personalexpertin. Deshalb macht Innogames auch nicht Halt bei etwaigen Stellenanzeigen und aktuell vakanten Stellen. Die entwickelten Gehaltsbänder sind für alle Beschäftigten jederzeit einsehbar und dienen somit auch Beschäftigten während Gehaltsverhandlungen, die schon länger im Team sind.

EU-Richtlinie bringt neuen Schwung ins Thema

Für deutsche Firmen steht mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie ab Juni 2026 jedoch ohnehin bald eine Zeitenwende ins Haus, die auch nicht überzeugte Arbeitgeber auffordert, sich bei der Gehaltstransparenz neu aufzustellen. Jobsuchende haben dann das Anrecht, genaue Angaben zu ihrem Gehalt in Stellenausschreibungen zu bekommen. Die neue Lohntransparenz geht dabei aber noch deutlich weiter: Das Durchschnittseinkommen für vergleichbare Positionen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, gehört ebenso dazu.

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Das bringt Schwung ins Thema für hiesige Unternehmen. Sandra Wandschneider sagt: „Für sie geht es eigentlich nur noch um die Frage, ob sie unter den Ersten sein und sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wollen oder nicht. Firmen, die unter die Direktive fallen, kann ich nur raten, das Thema mit voller Kraft anzugehen, um so schnell wie möglich von den Vorteilen profitieren zu können, die dabei entstehen.“ Aber auch im Hinblick auf die mögliche organisatorische Komplexität des Themas dürfte Abwarten eher von Nachteil sein.

Um Gehaltsinformationen bereitzustellen, müssen Unternehmen nämlich mehr Ressourcen in interne Analysen investieren. Dabei bieten sich Entgelt-Audits an, um die gerechte Aufschlüsselung der Gehälter für aktuelle und zukünftige Beschäftigte regelmäßig zu prüfen. Die dabei erhobenen Daten müssen stets aktuell sein, um Ungleichheiten im eigenen Unternehmen leicht erkennen zu können. Unternehmen, die gegen die EU-Richtlinie verstoßen, drohen teils empfindliche Strafen. Deutsche Firmen müssen handeln.

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