- Wie kommt es zu negativen Strompreisen?
- Wann sind Strompreise am Spotmarkt besonders hoch oder niedrig?
- Was bedeuten negative Strompreise für Kund:innen in Privathaushalten?
- Wie können Verbraucher:innen von negativen Strompreisen profitieren?
- Was bedeuten negative Strompreise für Betreiber von Photovoltaikanlagen?
Der Preis fällt ins Minus: So kannst du von überschüssiger erneuerbarer Energie profitieren

Erneuerbare Energien sorgen für reichlich Strom – nur nicht immer zur richtigen Zeit. (Foto: Jenson/Shutterstock)
Negative Strompreise gibt es immer wieder – insbesondere im Sommer unter Tag. Das hat damit zu tun, dass wir glücklicherweise inzwischen auch in Deutschland viel Strom mithilfe erneuerbarer Energien produzieren. Im Fall von Photovoltaikanlagen vorwiegend dann, wenn die Sonne scheint. Doch gerade dann wird oftmals wenig Strom verbraucht. Wir erklären, wie es dazu kommt, dass du quasi zum Nulltarif Strom beziehen kannst. Außerdem erfährst du, für wen das überhaupt gilt und warum es aus Sicht der Energieversorger trotzdem ein guter Deal ist.
Wie kommt es zu negativen Strompreisen?
Zunächst einmal ist ein negativer Strompreis ein Zeichen einer funktionierenden Marktwirtschaft – aber auch einer fehlenden Planbarkeit. Er bedeutet, dass Stromerzeuger an Stromabnehmer zahlen müssen, damit diese den überschüssigen Strom abnehmen. Dies tritt auf, wenn das Angebot an Strom größer ist als die Nachfrage, was häufig bei entsprechend hoher Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien und gleichzeitig geringem Verbrauch der Fall ist.
Dazu muss man wissen, dass Strom am Strombörsenmarkt (beispielsweise EPEX Spot) im Stunden- oder Viertelstundentakt preislich angepasst wird – je nachdem, wie viel Energie zu erwarten ist und welche Nachfrage man prognostiziert. Die Mechanismen sind hierbei ähnlich wie bei anderen Rohstoffbörsen, auch wenn das Geschäft hier volatiler sein kann.
Die für Stromproduzenten unpraktische Konstellation ist immer dann gegeben, wenn zum einen erneuerbare Energien (vor allem Wind und Sonne) besonders viel Strom bereitstellen, etwa im Sommer – und gleichzeitig der Stromverbrauch niedrig ist, weil die Industrie stillsteht (beispielsweise an einem Nachmittag eines Sonn- oder Feiertags) oder zugleich die Haushalte wenig Strom abrufen und benötigen. Zum Dritten sind bestimmte Kraftwerksarten unflexibel, denn das Drosseln der Produktion (oder gar deren vorübergehende Abschaltung) sind insbesondere bei großen Kohlekraftwerken sowie seinerzeit bei Kernkraftwerken nicht möglich und auch nicht in dieser Kleinteiligkeit vorgesehen.
Gleichzeitig ist es aber nötig, das Stromnetz stabil zu halten und Angebot und Nachfrage innerhalb eines vorgegebenen Korridors auszugleichen. Das wiederum setzt finanzielle Anreize voraus, wie sie durch die negativen Strompreise gegeben werden.
Wann sind Strompreise am Spotmarkt besonders hoch oder niedrig?
Tendenziell gibt es ein paar Anhaltspunkte, wann der Strompreis eines dynamischen Tarifs eher niedrig oder eher hoch ausfällt. So ist die Nachfrage in den Morgen- und Abendstunden besonders hoch, während sie unter Tag und nachts niedriger ausfällt. Hinzu kommt die Wetterlage: Immer dann, wenn es viel und nicht zu starken Wind hat (kein Sturm) oder wenn bundesweit Sonnenschein ist, wird aufgrund der erhöhten Einspeisung durch regenerative Energien mehr Strom erzeugt. An Wochenenden oder an Feiertagen ist dagegen insbesondere die Nachfrage durch industrielle Verbraucher und Unternehmen niedriger als während der üblichen Schichtarbeitszeiten unter der Woche.
Diese im Prinzip einfachen Mechanismen haben allerdings noch eine Vielzahl an „Fußnoten“ oder Ausnahmen. Insofern lässt sich selbst für die Strom produzierenden Unternehmen nur schwer voraussagen, wie sich der Strombedarf zu einer bestimmten Zeit entwickeln wird. Das erklärt zu einem Teil auch die Überproduktion, die dahintersteht – und dringend abgebaut werden muss.
Was bedeuten negative Strompreise für Kund:innen in Privathaushalten?
Die privaten Haushalte können in den meisten Fällen allerdings nicht direkt von diesen Strompreisschwankungen profitieren, weil sie ja meist bewusst dieses Risiko schwankender Strompreise an den Elektrizitätsanbieter gegeben haben. Dieser muss einen festen Arbeitspreis pro Kilowattstunde gewähren und insofern monate- oder gar jahrelang im Voraus kalkulieren.
Das war vor zwei Jahren angesichts rapide steigender Strompreise ein Risiko und Hindernis für die Stromanbieter, von denen ja nicht alle eigenen Strom produzieren (wie etwa bestimmte Stadtwerke, die zugleich Kraftwerksbetreiber sind), sondern viele einfach unter Zahlung von Zuliefer- und Netzentgelten mit Strom handeln. Wir erinnern uns: Insbesondere 2022 hatten zahlreiche dieser Anbieter sich von Kund:innen getrennt und selbst keine neuen Kund:innen mehr angenommen.
Hinzu kommt, dass der (gegebenenfalls negative) Arbeitspreis nur einen Teil der Kalkulation beim Strompreis ausmacht. Hinzu kommen nämlich Netzgebühren, Umlagen und Steuern, die auch in dieser Zeit nicht niedriger ausfallen, weil Stromsteuer und Mehrwertsteuer ja weiterhin auf den Stromverbrauch und die Netznutzung selbst erhoben werden, auch wenn der Börsenpreis negativ ist. Lediglich wird die Mehrwertsteuer niedriger, sofern – und damit kommen wir zum nächsten Punkt – die Verbraucher:innen eine Gutschrift erhalten.
Wie können Verbraucher:innen von negativen Strompreisen profitieren?
Es gibt allerdings doch einige Möglichkeiten, von negativen Strompreisen zumindest insoweit zu profitieren, dass in dieser Zeit keine Kosten für den eigentlichen Strom anfallen. Möglich wird das mithilfe eines dynamischen Stromtarifs, dessen Preise sich am jeweiligen Börsenpreis orientieren. Das gibt’s beispielsweise von Tibber, Awattar,.1Komma5 und Octopus Energy – und gerade in den vergangenen Jahren sind einige Anbieter hinzugekommen. Diese arbeiten meist stark digitalaffin, sodass Kund:innen über eine App verfolgen können, wie sich der Preis gerade entwickelt – und beispielsweise die Waschmaschine oder den Trockner in den späten Abendstunden oder in der Nacht starten können.
Allerdings zahlen Haushalte neben dem variablen (theoretisch auch negativen) Arbeitspreisen auch die zusätzlichen Preisbestandteile, etwa Netzgebühren, Steuern und Abgaben. Die Fixkosten bleiben somit bestehen, auch wenn der Strom negativ bepreist oder zumindest in dieser Hinsicht „gratis“ ist.
Dabei setzt ein solcher Stromtarif mit dynamischem Pricing einen Smartmeter (intelligenten Stromzähler) voraus, über den der Verbrauch viertelstundengenau gemessen und automatisch übermittelt wird. Wer noch einen alten Zähler hat (Ferraris-Zähler), kann somit dynamische Tarife erst nach der Umrüstung nutzen. War die Installation neuer Stromzähler in der Vergangenheit oft teuer, gibt es seit 2025 das Recht auf einen intelligenten digitalen Zwei-Wege-Zähler.
Netzbetreiber sind auch ohnehin verpflichtet, die Zähler sukzessive auszurollen – allerdings je nach Ausgangslage erst im Laufe der nächsten Jahre. Für Haushalte, die einen Jahresstromverbrauch von über 6.000 Kilowattstunden haben oder eine Photovoltaikanlage mit mindestens 7 KW Peak betreiben oder eine steuerbare Verbrauchseinrichtung wie eine Wallbox oder Wärmepumpe haben, ist der Einbau eines Smartmeters ohnehin verpflichtend vorgesehen, damit auch die Betreiber sehen können, wann besonders viel oder wenig Strom verfügbar ist. Langfristig soll dies die Stromnetze stabilisieren.
Was bedeuten negative Strompreise für Betreiber von Photovoltaikanlagen?
Wer eine Photovoltaikanlage auf dem Dach oder ein kleines Balkonkraftwerk am Balkon montiert hat, für den ändert sich durch negative Strompreise erst einmal nichts. Lediglich größere Anlagen, die nicht über eine feste Einspeisevergütung verfügen (meist große gewerbliche Anlagen) erhalten in diesem Fall kein Geld oder einen negativen Börsenpreis. Private Anlagen mit EEG-Vergütung sind dagegen hiervon nicht betroffen, da eine gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung gezahlt wird.
Seit Ende Februar gelten aufgrund des „Solarspitzen-Gesetz“ zudem Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die auch Betreiber kleinerer Photovoltaikanlagen betreffen, soweit diese Strom ins Netz einspeisen. Künftig gilt die Regelung zur Vergütungsaussetzung bei negativen Strompreisen bereits ab einer Anlagenleistung von 2 Kilowattpeak (kWp), während bisher nur größere Anlagen ab 400 kWp erfasst waren. Damit müssen erstmals auch viele Privat- und kleinere Gewerbeanlagen mit Direktvermarktung auf ihre Einspeisevergütung verzichten, sobald der Spotmarktpreis für Strom eine Stunde lang ins Negative fällt. In der Vergangenheit war dafür ein ununterbrochener Zeitraum von drei Stunden notwendig.
Für Neuanlagen, die ab dem Stichtag in Betrieb genommen werden und über ein intelligentes Messsystem (iMSys) verfügen, greift die neue Nullvergütungsregel sofort. Anlagen ohne iMSys oder mit höherer Leistung unterliegen dagegen Übergangsregelungen. Bestandsanlagen, die vor dem 25. Februar 2025 installiert wurden, genießen dagegen Bestandsschutz und sind von den Änderungen ausgenommen.
Doch natürlich können Privathaushalte im oben genannten Fall auch profitieren, wenn sie über entsprechend gut steuerbaren Strombedarf verfügen. Wie oben beschrieben kannst du beispielsweise bei entsprechendem Stromtarif à la Tibber und Co. dein E-Auto laden, den eventuell durch die Solaranlage vorhandenen Speicher aufladen oder anderweitig bei entsprechenden Verbrauchern profitieren.