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20 Minuten Nickerchen: So erhöhst du deine Chance auf den Aha-Moment

Aha-Momente sind eigentlich schwer zu untersuchen. Forschende haben ein Experiment entwickelt, bei dem es nicht nur um eine scheinbar einfache Aufgabe ging. Die Teilnehmenden konnten darin auch ein Nickerchen einlegen.

Von Veronika Szentpétery-Kessler
4 Min.
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Wer bei einer Aufgabe nicht vorankommt, braucht vielleicht nur ein Nickerchen mit Tiefschlaf. (Foto: simona pilolla 2 / Shutterstock.com)

„Ich schlaf‘ da nochmal drüber“ gilt als probates Mittel, um schwierige Entscheidungen zu erleichtern. Aber auch ein kurzes Nachmittagsschläfchen kann bereits schnelle Erkenntnisse fördern, wie Forschende von der Universität Hamburg und zwei Max-Planck-Instituten herausgefunden haben. Dann nämlich, wenn es dabei auch zum Tiefschlaf kommt. Ihre Studie veröffentlichten die Forschenden in Plos Biology.

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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten 90 Probandinnen und Probanden eine auf den ersten Blick einfache Aufgabe. Sie sollten an einem Bildschirm – in vier Testblöcken à 50 Versuchen – die Bewegungsrichtung einer wimmelnden Punktewolke erkennen. Sie sollten angeben, auf welche der vier Bildschirmecken sich die meisten Punkte zubewegten. Diagonal zueinander liegende Ecken gehörten jeweils zu einer Taste: links unten und rechts oben zur Taste „X“ sowie links oben und rechts unten zur Taste „M“. Die Punkte waren bei jedem Versuchsdurchlauf entweder alle orange oder alle lila.

Was die Forschenden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht verrieten: Es gab eine Abkürzung zur Lösung. Denn ab dem vierten Testblock war die Farbe der Punktewolke nicht mehr zufällig gewählt, sondern gab die Bewegungsrichtung an, also entlang welcher Diagonalen sich die Punkte bewegten. Das erkannten zunächst nur 15 Testpersonen.

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Warum in der Studie ein Nickerchen erwünscht ist

Nach den vier Durchgängen von Aufgabenlösen durften alle optional ein 20-minütiges Nickerchen in einem dunklen Raum in einem zurücklehnbaren Sessel halten. „Meine Kollegin hat sehr viel Zeit in einem großen Möbelhaus verbracht, um den gemütlichsten Sessel dafür zu finden“, sagte Entwicklungspsychologin und Erstautorin Anika Löwe der Deutschen Presseagentur (DPA). Damit die Probandinnen und Probanden mit größerer Wahrscheinlichkeit einschliefen, waren sie vorab gebeten worden, ihre Schlafzeit in der Nacht vor dem Experiment um ein Drittel zu verkürzen und dann am Versuchstag keinen Kaffee zu trinken. Dazu führten sie die Tests ab 13 Uhr durch.

Während des Schläfchens maßen Elektroden an ihrem Kopf die elektrische Aktivität ihres Gehirns (Elektroenzephalogramm, kurz EEG) und ermittelten daraus die Schlafphasen und ob sie in den Tiefschlaf kamen, die Schlafforscher N2 nennen. Anschließend versuchten sich alle erneut an der Aufgabe. Wie die Forschenden schreiben, erkannten 70,6 Prozent aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer plötzlich den Zusammenhang zwischen Farbe und Bewegungsrichtung.

In der Tiefschlafgruppe aber hatten 87,5 Prozent einen solchen Geistesblitz, der aus dem Nichts zu kommen scheint und nicht das Ergebnis kleinerer Schlussfolgerungen ist. Wer also am tiefsten schlief, hatte am ehesten einen „Aha“-Moment. In der Gruppe, die nur bis zur leichten N1-Phase kam, traf dieser lediglich 63,6 Prozent der Probanden und in der Wachgruppe sogar nur 55,5 Prozent. Die Auswertung der EEG-Muster zeigte, dass Abschnitte mit einer „steileren Spektralneigung“, die mit tieferem Schlaf in Verbindung gebracht wird, mit einem späteren Geistesblitz verbunden waren.

In der Studie wurden zwar die Personen, die sich ohne Schlafen ausruhten oder doch ein Nickerchen machten, nicht mit Probandinnen und Probanden verglichen, die keinerlei Pause machten. Doch eine frühere Studie der Autorinnen und Autoren mit derselben Aufgabe, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer keine Möglichkeit für ein Nickerchen bekamen, hatte ergeben, dass knapp die Hälfte von ihnen eine Eingebung hatte.

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Welche Rolle ein Nickerchen bei Kreativität und Problemen hat

Deshalb vermuten die Autorinnen und Autoren, dass ein Nickerchen mit tieferem Schlaf zu plötzlichen Einsichten verhelfen kann. „Ich denke, viele von uns haben die subjektive Erfahrung gemacht, nach einem kurzen Nickerchen wichtige Erkenntnisse zu haben. Es ist wirklich schön, nicht nur Daten dazu zu haben, sondern auch eine erste Richtung, welche Prozesse hinter diesem Phänomen stehen“, sagte Anika Löwe der DPA weiter.

Die Studie sei spannend und interessant, insbesondere da Heureka-Momente schwer zu untersuchen seien, sagt Schlafforscher Dieter Riemann vom Universitätsklinikum Freiburg, der auch Vorstandsreferent der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin ist.

Frühere Studien hatten bereits auf eine begünstigende Rolle von Nickerchen für Kreativität und Problemlösen hingedeutet. Sie wiesen aber auf verschiedene Schlafphasen als Auslöser hin, sodass unter Schlafforscherinnen und -forschern keine Einigkeit herrschte. Diese Unterschiede lassen sich möglicherweise durch die verschiedenen Aufgaben erklären. „Die Art einer Aufgabe macht einen Unterschied dafür, ob Schlaf ihr Lösen erleichtert oder nicht“, sagte Itamar Lerner von der University of Texas in San Antonio.

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Noch weitere Forschung zum Geistesblitz

Deshalb sei die aktuelle Studie bisher nur ein Hinweis, urteilt Björn Rasch von der Schweizer Universität Fribourg im „New Scientist“. Weil die Probanden zudem nicht randomisiert, also zufallsmäßig in Gruppen eingeteilt wurden und nicht verschiedenartige Aufgaben lösen mussten, lasse sich nicht ausschließen, dass diejenigen mit einem Heureka-Moment einfach eine bessere Erkenntnisfähigkeit haben. Möglicherweise spielen auch beide Schlafphasen eine Rolle, nur eben für verschiedene kognitive Prozesse, die man künftig noch zuordnen müsse, ergänzt Delphine Oudiette vom Paris Brain Institute.

„Was mir wirklich auffiel, als ich Menschen in meinem Umfeld – insbesondere Kreative – von diesen Ergebnissen erzählte, war, wie sehr sie bei den Menschen ankamen. Viele von ihnen konnten unsere Ergebnisse nachvollziehen, weil sie persönliche Erfahrungen zu einem kreativen Durchbruch nach einem Nickerchen hatten“, sagt Löwe. „Die nächste große Frage ist, warum dies geschieht. Wir hoffen, dass unsere Entdeckung, dass es mit der EEG-Spektralneigung zusammenhängt, ein guter erster Hinweis ist“, sagt Co-Autor Nicolas Schuck.

 

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