
Es ist fast ein Standard in jedem Unternehmen. Immer gibt es irgendwo eine Führungskraft, die ihrer Rolle nicht gewachsen ist. Zumindest sieht das Team das so. Die Führungsperson hingegen hat sich mühsam hochgearbeitet und verdient mittlerweile gutes Geld. Das einzige Problem: Auch sie ist überfordert.
Dass in Entscheidungspositionen viel Inkompetenz vertreten ist, scheint Gesetz zu sein. Das dachten sich auch Ende der 60er Jahre die beiden Autoren Laurence J. Peter und Raymond Hull. „Berufliche Unfähigkeit gibt es überall“, schreiben sie. Das sogenannte Peter-Prinzip soll dieses Phänomen erklären. Es besagt, dass in jeder Organisation mit Hierarchie Beschäftigte solange aufsteigen, bis sie zu unfähig sind. Laut der Forschung von Peter und Hull gilt das Prinzip für alle Beschäftigten in jeder Hierarchie.
So sieht das Prinzip angewandt aus
Tim ist IT-Fachkraft. Von seinem Unternehmen wurde er eingestellt, um das CMS des Onlineshops übersichtlicher zu gestalten. Und das macht Tim auch. Er optimiert den Code und verschiedene Schnittstellen, wodurch Produktinfos einfacher erstellt und bearbeitet werden können. Durch die gute Arbeit wird Tim Teamleiter. Doch statt nun Code zu schreiben, sitzt er in Strategiemeetings und muss weitere Optimierungen konzipieren. Doch dem neuen Teamleiter fehlt es an Ideen, die Hand und Fuß haben. Tim schlägt zwar viel vor, aber häufig vergisst er, den Nutzen mitzudenken. Das Team leidet unter den vielen anscheinend sinnlosen Aufgaben und dem Unternehmen fehlt es an strategischem Durchblick. Das Peter-Prinzip in seiner Reinform.
Nicht nur einfach eine Idee
Auch wenn das Prinzip häufig für die undurchlässige Forschung kritisiert wird, finden sich auch heute noch Beweise dafür. In einer Studie von Benson, LI und Shue analysierten die drei die Leistung von 53.035 Vertriebsmitarbeiter:innen in 214 amerikanischen Unternehmen von 2005 bis 2011. Während dieser Zeit wurden 1.531 dieser Vertriebsmitarbeiter zu Vertriebsleitern befördert. Dabei zeigen die Daten, dass je besser eine Person im Vertrieb ist, desto eher wird sie auch befördert. Andersherum schnitten die neuen Vertriebsleiter:innen auch schlechter als Manager:innen ab.
Als Gegenteil: Das Paula-Prinzip
Der Gegenentwurf zum Peter-Prinzp ist das ähnlich klingende Paula-Prinzip. Der Wissenschaftler Andrew Hede kritisierte 1993 vor allem einige sexistische Formulierungen von Peter und Hull und nutzte dafür die Glass-Ceiling-Metapher. Sie beschreibt die schier unmöglichen Aufstiegschancen für Frauen im Berufsalltag. Hier soll das Peter-Prinzip gar nicht vorkommen. Stattdessen greife das Paula-Prinzip, das Tom Schuller 2011 ausgeweitet hat. Denn es gibt viele Gründe, die es Frauen erschweren, Karriere zu machen.
So besäßen Frauen tendenziell ein geringeres Selbstvertrauen und bewärben sich daher seltener auf Positionen, für die sie eigentlich fähig genug sind. Auch geschlechterbasierte Diskriminierung hindert sie an Beförderungen. Während von Männern in der Gesellschaft eine gute Karriere erwartet werde, sei das bei Frauen weniger der Fall. Dadurch gibt es hier weniger Motivation, die Karriereleiter aufzusteigen.
Die Glass-Ceiling-Metapher gilt dabei nicht exklusiv für Frauen, sondern auch für andere diskriminierte Gruppen. So titelt Forbes-Autor Eric Bachman, dass die Decke für schwarze Menschen in Amerika sogar aus Beton sei statt aus Glas.
Mit dem Peter- und Paula-Prinzip richtig umgehen – so gehts
Für Angestellte kann es sehr frustrierend sein, eine Führungskraft über sich zu haben, die inkompetent wirkt. Denn: Gefühlt weißt du es besser und leidest unter den Entscheidungen der Führungskraft. Doch auch hier ist ein Selbstcheck hilfreich: Ist die Person wirklich inkompetent oder verstehe ich einfach Entscheidungen nicht? Bei der zweiten Option kann eine klare Kommunikation dabei helfen, Fragezeichen aus dem Weg zu räumen. Versaut dir die Führungskraft jede Motivation, bleibt als letzte Option nur noch die Kündigung.
Bin ich eine gute Führungskraft?
So verführend eine Beförderung auch ist, so ein kurzer Selbstcheck ist auch bei der eigenen neuen Rolle hilfreich. Schau dir an, welche Dinge du gut kannst und welche nicht. Dabei ist besonders Ehrlichkeit wichtig. Es bringt genauso wenig, dich zu überschätzen, wie dich zu unterschätzen.
Passen deine Fähigkeiten wirklich zu der neuen Stelle? Wenn das nicht der Fall ist, heißt das aber nicht automatisch, dass du diese nicht annehmen kannst. Denn auch Weiterbildungen können helfen, deine Skills zu verbessern. Solltest du trotzdem zu dem Schluss kommen, die Beförderung nicht anzunehmen, ist hier eine klare Kommunikation wichtig.
Die richtige Person finden
Auch auf Unternehmensseite greift das Peter-Prinzip. Denn in der Regel sind es Personaler:innen, die über eine interne Beförderung entscheiden. Eine auffällig gute Performance sticht da natürlich heraus. Umso wichtiger ist es, zu schauen, wie gut eine Person wirklich zur neuen Stelle passt. Dabei ist es auch wichtig, sich seiner Vorurteile bewusst zu sein. Geschieht das nicht, können vielleicht kompetente Personen übersehen werden.
Hilfreich kann dafür eine Potenzialanalyse sein. Damit kannst du die Skills von Beschäftigten und auch Bewerber:innen mit den benötigten Fähigkeiten vergleichen. Hat die Person bereits eine Führungsrolle, vielleicht auch ehrenamtlich, innegehalten? Gab es in der Vergangenheit, in der der Person oder innerhalb der Firma, Aufgaben, die auf die geforderten Fähigkeiten (oder deren Fehlen) hindeuten?
Doch auch hier ist im Endeffekt ein transparentes Personalgespräch wichtig. Die Aufgaben und Verantwortung der neuen Stelle sollten dabei nicht beschönigt oder heruntergespielt werden. Denn im Endeffekt geht es nicht um die Belohnung einer Person, die ihren Job gut macht, sondern darum, eine neue Stelle zu besetzen.
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