Physisch vs. synthetisch: Der Unterschied bei ETFs, den jeder Anleger kennen sollte

Zu viel Geld auf dem Girokonto? ETFs könnten eine Alternative sein. (Foto: Shutterstock)
ETFs sind eine beliebte Möglichkeit, Geld anzulegen. Die börsengehandelten Indexfonds ahmen die Wertentwicklung eines bestimmten Index nach. Anleger:innen, die sich zum Beispiel einen ETF auf den Dax kaufen, nehmen an der Wertentwicklung des Indexes teil und das häufig zu geringen Kosten.
Dafür gibt es verschiedene Wege: die physische und die synthetische Methode und das Sampling. Aber was bedeutet das eigentlich, und worauf solltest du achten? Dieser Artikel erklärt es Schritt für Schritt.
Was sind physische ETFs?
Ein physischer ETF funktioniert ganz einfach: Er kauft diejenigen Aktien oder Anleihen, die in dem Index enthalten sind, der nachgebaut werden soll. Ein Beispiel: Im Deutschen Aktienindex (Dax)) sind 40 Einzelwerte enthalten. Ein physischer ETF würde nun genau diese 40 Werte nachkaufen – und zwar in der gleichen Gewichtung wie im Index. Das nennt man vollständige oder physische Replikation.
Das bedeutet aber auch: Wenn im Index umgeschichtet wird, muss auch der ETF entsprechend umstrukturiert werden. Das ist mit Kosten verbunden, die sich wiederum negativ auf die Rendite auswirken können. Bei 40 Titeln, die in der Regel nicht alle gleichzeitig umgeschichtet werden, sind die Kosten noch im Rahmen. Anders sieht es dagegen bei großen Indizes aus, die viele Einzelwerte enthalten, wie zum Beispiel dem MSCI World.
Doch auch bei größeren Indizes müssen die Kosten nicht automatisch sehr hoch sein. Zwar wirken sich Transaktionskosten immer negativ auf die Rendite aus, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. “Allerdings sind diese bei den gängigen weltweiten ETFs minimal.” Der iShares MSCI ACWI ETF etwa weise im Jahresbericht vom 30.11.2023 lediglich Transaktionskosten in Höhe von 1,8 Millionen US Dollar aus, was 0,02 Prozent des Fondsvermögens entspreche. Aber auch das sind Kosten, die man nicht vergessen sollte.
Was ist Sampling?
Eine Möglichkeit, die Kosten für die Umstrukturierung zu verringern, ist das sogenannte Sampling, auch optimierte Replikation genannt. Dabei wird der zugrundeliegende Index nicht zu 100 Prozent nachgebildet, sondern nur eine gewisse Teilmenge. Man nennt diese Methode daher auch Teilreplikation.
In der Regel konzentriert sich der Fondsanbieter bei dieser Methode auf die wichtigsten Werte im Index – die aufgrund ihres Gewichts eben auch für einen Großteil der Performance verantwortlich sind. Da der ETF nur eine Auswahl der im eigentlichen Index enthaltenen Titel kauft, wird diese Form der Replikation eher bei großen Indizes angewandt, in denen eben viele Titel enthalten sind. Der Vorteil. Die Transaktionskosten sind geringer als bei vollständig nachbildenden ETFs. Auf der anderen Seite kann es natürlich auch passieren, dass man beim Sampling Titel “übersieht”, die unerwartet viel Rendite bringen – und damit eine schlechtere Rendite erwirtschaftet als der Vergleichsindex.
Was sind synthetische ETFs?
Ein synthetischer ETF macht es anders: Er kauft nicht die Aktien oder Anleihen aus dem Index, sondern geht nach einer anderen Replikationsmethode vor. Der ETF-Anbieter schließt einen Vertrag – einen sogenannten Swap – in der Regel mit einem Kreditinstitut. Dieser Partner verspricht, die Rendite des Index zu liefern, egal wie sich der Markt entwickelt. Im Gegenzug gibt der ETF dem Partner die Rendite eines anderen Portfolios – auch Trägerportfolio genannt – , das oft nichts mit dem Index zu tun hat, den er nachbilden möchte.
Swap-ETFs müssen sich an eine zusätzliche regulatorische Vorgabe halten: Gemäß EU-Recht darf der Wertunterschied zwischen Trägerportfolio und dem Swap-Vertrag – auch als Swap-Exposure bezeichnet – maximal 10 Prozent des Nettoinventarwerts des ETFs betragen. Dies dient dazu, das Risiko eines Ausfalls des Swap-Partners, das sogenannte Kontrahentenrisiko, zu begrenzen – sei es aufgrund von Derivaten (Swap) oder aufgrund von Wertpapierleihgeschäften.
Das Trägerportfolio fungiert dabei als Sicherheit, um dieses Risiko zu mindern, auch wenn es dieses nicht vollständig eliminieren kann. Entwickeln sich beide Portfolios mehr als 10 Prozent auseinander, muss der ETF-Anbieter handeln und dafür sorgen, dass der Unterschied ausgeglichen wird. Das kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass das Trägerportfolio umgeschichtet wird.
Das klingt vielleicht etwas aufwändiger, hat aber durchaus Vorteile für Anleger. Denn auf diese Weise können ETFs für Nischenmärkte oder Schwellenländer aufgelegt werden, die sich als physische ETFs kaum lohnen würden. Auch Rohstoffe wie Gold oder Öl werden häufig durch Swap-ETFs abgebildet.
FAQs: Das solltest du zu synthetischen und physischen ETFs wissen
Sind ETFs Sondervermögen?
Ja, grundsätzlich schon. In Deutschland und der EU gelten ETFs als Sondervermögen. Das bedeutet: Selbst wenn der Anbieter pleite geht, bleibt deine Anlage geschützt.
Was passt zu wem?
- Physische ETFs: Ideal, wenn du es einfach und klar magst, beispielsweise für bekannte Indizes wie den Dax oder S&P 500.
- Synthetische ETFs: Besser für spezielle Anlagen wie Rohstoffe oder Länder, die schwer zugänglich sind, oder wenn dir geringe Kosten wichtig sind.
Es kommt darauf an, was dir mehr liegt: Willst du genau wissen, was mit deinem Geld geschieht, oder sind dir niedrige Gebühren und Flexibilität wichtiger?
Hat die Art der Nachbildung, also physisch oder synthetisch, einen Einfluss darauf, was mit dem Ertrag passiert?
Wenn der ETF Erträge erwirtschaftet, gibt es zwei unterschiedliche Szenarien: Die Erträge werden entweder an die Anleger ausgeschüttet oder direkt wieder in den ETF investiert (thesauriert). Die Replikationsmethode hat keinen Einfluss darauf, ob Erträge ausgezahlt oder reinvestiert werden. Heißt konkret: Unabhängig davon, ob der Index physisch nachgebildet oder über Swaps repliziert wird, kann der ETF ausschüttend oder wieder anlegend sein. Anleger sollten auf die Abkürzung achten, die meist am Ende des Namens in Klammern steht: Dist steht für ausschüttend, Acc für thesaurierend.
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