Gezeitenheizung: Wie riesige Exomonde auch ohne Sonne zu Lebensinseln werden

Ziel der Forschung sind nicht länger nur erdähnliche Planeten, sondern die riesigen Monde, die um ferne Gasriesen kreisen. Diese neue Ausrichtung wirft aber sofort entscheidende Fragen auf: Können in der Umlaufbahn eines Gasriesen überhaupt stabile, große Monde entstehen? Und wie könnten sie fernab der direkten Sonnenwärme lebensfreundlich werden? Eine neue wissenschaftliche Arbeit mit dem sicherlich nicht zufällig gamifizierten Titel „Grand Theft Moons“ von Forscher:innen aus Ungarn und den Niederlanden liefert nun faszinierende Antworten auf genau diese Fragen.
Gezeitenheizung: Gasriesen kneten ihre Monde durch
Für die Frage der Bewohnbarkeit ist laut der Studie die Gezeitenheizung der entscheidende Faktor. Der Heizeffekt entsteht, weil die Monde ihre Gasriesen oft nicht auf einer perfekten Kreis-, sondern auf einer leicht elliptischen Bahn umrunden. Dadurch verändert sich die enorme Anziehungskraft des Planeten während eines Umlaufs ständig, was den Mond verformt und ihn wie eine Knetkugel permanent durchwalkt. Diese ständige Reibung erzeugt im Inneren des Mondes genug Wärme, um Ozeane unter einer dicken Eisdecke flüssig zu halten – selbst fernab jeder Sonnenwärme, so die Wissenschaftler:innen.
Für die Frage der Entstehung zeigt die gleiche Studie, dass die Bildung der Monde ein faszinierender Balanceakt ist. Einerseits können Monde, die einen Planeten in geringerem Abstand zum Stern umkreisen, individuell massereicher werden. Andererseits verstärkt die Nähe zum Stern den „stellaren Diebstahl“: Die Anziehungskraft des Sterns entreißt dem Planeten seine potenziellen Monde wieder.
Der kosmische Sweetspot für bewohnbares Leben
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass dieser Balanceakt eine „optimale Zone“ für die Entstehung stabiler, großer Monde schafft. Diese liegt in einem Abstand von etwa zwei Astronomischen Einheiten (AU) zum Stern – also rund der doppelten Distanz zwischen Erde und Sonne. Für die Bewohnbarkeit selbst, angetrieben durch die Gezeitenheizung, sei der Bereich zwischen einer und zwei AU am vielversprechendsten.
Um ihre Thesen zu untermauern, wendete das Team sein Modell auf 461 bekannte Riesen-Exoplaneten an. Das beeindruckende Ergebnis: Rund ein Viertel dieser Welten könnte potenziell bewohnbare Monde beherbergen. Einen Dämpfer gab es jedoch bei der Überprüfung von zwölf bereits bekannten Exomond-Kandidaten. Keiner von ihnen wurde in der Analyse als bewohnbar eingestuft, da sie entweder zu heiß oder zu klein waren.
Hier simuliert eine Nasa-Crew den Alltag auf dem Mars
Mit dem James Webb Space Telescope auf Mondjagd
Die Entdeckung solcher Monde stellt die Astronomie vor enorme technische Herausforderungen. Ihre Signale im Licht ferner Sterne zu finden, ist ungleich schwerer als bei planetengroßen Objekten. Die Hoffnung der Astronom:innen ruht daher auf den leistungsfähigsten Instrumenten, die der Menschheit zur Verfügung stehen.
Weltraumteleskope wie das James Webb Space Telescope (JWST) der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa oder die für 2026 geplante Plato-Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA könnten die nötige Präzision liefern, um diese neue Klasse von Welten aufzuspüren. Die aktuelle Studie liefert diesen Missionen nun eine klare Zielvorgabe, wo sich die Suche am meisten lohnt.
Wie die Forscher:innen in ihrem Fazit schreiben, zeigen ihre Simulationen, dass lebensfreundliche Welten entstehen könnten. „Unsere Simulationen bestätigen, dass Monde mit Massen zwischen Mars und Erde um Planeten mit etwa der zehnfachen Jupitermasse entstehen könnten und viele dieser Monde bei einem Sternenabstand von ein bis zwei AU potenziell bewohnbar sein würden“, so die Autor:innen der Studie.
Damit ist klar: Die habitable Zone ist nicht auf Planeten beschränkt, und die aufregende Jagd nach Exomonden hat gerade erst begonnen.