Vergiss Überstunden: Deshalb machen die besten Mitarbeiter pünktlich Feierabend

„Wo warst du nur all die Jahre?“, fragt Opa Hermann seine lange Zeit verschollene Ella und überreicht ihr einen Blumenstrauß zur Feier des Wiedersehens. Ihre Antwort: „In der Agentur!“
Das Bild, auf das ich hier zurückgreife, kennt wohl jeder, der nicht gerade unter einem Stein lebt. Leicht ironisch wird das Meme, obwohl schon über zehn Jahre alt – also in Internetjahren ein halbes Jahrhundert –, noch immer in regelmäßigen Abständen durch das Netz gepeitscht.
Gefühlt immer dann, wenn ein neuer Jahrgang von Uniabsolventen sich in die Tretmühlen manch eines Offices begibt. Und jedes Mal denke ich mir: Da werden die nächsten jungen Kolleginnen und Kollegen verbrannt, bis sie es eines Tages besser wissen. Ironie ist oft die letzte Phase der Enttäuschung.
Die Besten brauchen keine Überstunden
Noch immer wird Leistung und Loyalität vielerorts daran gemessen, bis in die Puppen zu arbeiten. Als Erster kommen, zuletzt gehen. Das ist aber auch kein Wunder, wenn junge Berufstätige ernsthaft in Magazinen wie GQ lesen, dass Überstunden schrubben der Karriere-Booster schlechthin sein soll. Chef freut sich! Doch warum eigentlich? Bezahlen sie doch im Grunde unproduktive Leute.
Denn seien wir mal ehrlich: Niemand wird auf Dauer gut gelaunt sein, wenn sie oder er wie eine Legehenne in der Batterie sitzt und das einzige Sonnenlicht in Form eines Hintergrundbildes auf dem Desktop ins Gesicht scheint. Angesichts dessen ist die GQ-Headline „So werden Sie befördert, ohne etwas zu können“ dann vielleicht doch wieder ganz passend.
Außerdem ist es doch längst belegt, dass Qualität und Produktivität sich kaum bis gar nicht verändern, mancherorts sogar steigen und schlussendlich sogar der Krankenstand sinkt, wenn Menschen beispielsweise einen Sechs- statt Acht-Stunden-Tag hinlegen dürfen. Schwedische Testläufe zum verkürzten Arbeitstag sprechen eine deutliche Sprache und sind, wenn überhaupt, nur dann eingestellt worden, weil geringe Mehrkosten, die derartige Projekte während des Testlaufs verursachen konnten, keine Akzeptanz in den Chefetagen fanden.
Als ob Innovation, wenn sie denn schon versucht wird, wenigstens nichts kosten darf. Fail!
Achtung, steile These: Die besten Mitarbeiter kommen spät und gehen früh! Dass sie die Besten sind, hängt nämlich damit zusammen, dass sie sich auf den Tag freuen, weil sie etwas davon haben. Sie besitzen die Freiheit, ihren Geist neben der Arbeit mit neuen Dingen zu konfrontieren.
Morgens in Ruhe durch ein Magazin zu blättern, ohne sich den Kaffee zwischen Tür und Angel hinter die sprichwörtliche Binde zu kippen, nur um vorbildlich das Licht im Büro anzumachen, kann im Meeting zur zündenden Idee führen. Abends in Ruhe zum Sport zu gehen, ohne die Blicke der Kollegen zu fürchten, weil es zum guten Ton gehört, bis Mitternacht zu arbeiten, wird vitale Menschen hervorbringen, die auch in stressigen Phasen nicht sofort beim Arzt auf der Matte stehen.
Wer lange bei der Arbeit ist, der leistet nicht mehr. Im Gegenteil: Wer seinen Arbeitstag strukturiert gestaltet und deshalb pünktlich Feierabend machen oder auch mal früher gehen kann, arbeitet so gut wie immer effektiver.
Und wer in der Lage ist, ein Leben auch außerhalb der Arbeit zu führen, wird am nächsten Tag deutlich zufriedener und motivierter wieder zurück ins Büro gehen. Frage an alle: Was ist besser? Ein motivierter, kreativer und gut organisierter Mitarbeiter? Oder jemand, der nur so tut?
Ich glaube, ich kenne die Antwort schon.
Also eigentlich lese ich eure Artikel gerne – aber bei diesem hier rollen sich nicht nur meine Fingernägel hoch. Wer sich diesen quatsch überlegt hat, hat auch nicht den Horizont über den Tellerrand hinauszuschauen.
– Ich übe ca. 1 1/2 Volltagsstellen aus. Mein Arbeitspensum ist IMMER ausgeschöpft. Ohne Überstunden schaffe ich nicht im Ansatz alles – selbst dann, wenn ich nur meiner „eigentlichen Stelle“ nachkomme. Werde ich auch nie. Aber das ist auch gar nicht das Problem.
– In unserem (und bestimmt auch in einigen anderen) Dienstleistungsbetrieb(en) bestimmt gerne mal das aktuelle Geschehen den Tagesablauf. Läuft auf den „Baustellen“ alles nach Plan, steht das Telefon still etc.
– könnte noch einiges weiter schreiben, hab ich aber kein Bock drauf. Was mich aber am meisten stört (!!111Elf!!!) Dieser Artikel wird von einem Abteilungsleiter, Teamleiter, vielleicht Geschäftsführer oder wem auch immer gelesen und leider für VIEL zu ernst genommen.
Was hier geschrieben wird, ist eigentlich eine Frechheit. Der gesamte Artikel zieht meilenweit an der Realität vorbei. In unserem Betrieb stempeln nur die Mitarbeiter mehr als pünktlich, die keine Ideen, Motivation oder Engagement mitbringen. Aus diesem Grund werden die Aufgaben nicht einfach an die Mitarbeiter verteilt, sondern nur denen zugewiesen, die auch den Willen aufbringen, die Aufgaben umzusetzen. Ich persönlich muss Teilbereiche von zwei Kollegen übernehmen und das zusätzlich zu meinem eigenen Aufgabenbereich. Auf den Hinweis an die Geschäftsführung, dass ich schon mehr als ausgelastet bin, wird nur gesagt: „Einer muss es ja machen.” Somit sind 12- bis 13-stündige Tage keine Seltenheit geworden. Ich habe Kinder, eine Frau und ein Haus, um die ich mich lieber kümmern würde. Dieser Artikel ist reiner Hohn gegenüber den Menschen, die ihre Arbeit ernst nehmen und das Unternehmen mitgestalten wollen.
Sorry, aber davon zu schreiben, den 8 Stunden Tag auf 6 Stunden zu reduzieren und im gleichen Atemzug davon zu sprechen, dass dieser Mitarbeiter produktiver wäre, als die Kollegen die bis Mitternacht arbeiten… Habt ihr ein 2-Schicht Büro? Oder warum arbeiten die 6-8h Kräfte bis Mitternacht?
Der Artikel liest sich leider eher wie von einem frustrierten Mitarbeiter, der gerne früher nach Hause gehen wollte, aber nicht durfte, als nach einem, auch nur im Ansatz recherchiertren Artikel, der etwas mit der Arbeitsrealität zu tun hätte.
Als jemand, der oft genug 80-90h Wochen hatte, und dennoch Zeit für Sport, Fitnessstudio, Freunde und Hobbys hatte, kann ich den Ruf nach gesetzlich gedeckten 6h Tagen nur belächeln. Es ist ok, wenn dir Freizeit wichtiger ist, dann lass dich halt mit weniger Stunden (Halbzeit oder 3/4) anstellen. Aber gleichzeitig höheren Stundenlohn zu fordern, oder Leute zu verteufeln, die länger arbeiten ist schon irgendwie lächerlich.
Es ist absolut nichts Verwerfliches, nur halbtags zu arbeiten oder arbeiten zu wollen. Aber so tun zu wollen, als ob man dann viel mehr leistet, als jemand der Vollzeit oder mehr Stunden arbeitet…naja. Ja es gibt Leute, die im Büro nur die Zeit totschlagen. Gibt scheinbar Berufe, die das hergeben. Aber genauso gibt es Berufe, wo Leistung wichtig ist. Es gibt auch Berufe, wo die bloße Anwesenheit wichtig ist (Telefondienst, Bereitschaftsdienst etc.). Ich kann in 6h Bereitschaft nicht gleich viel abdecken, wie jemand, der eine 12h Bereitschaftsschicht macht. (ist nicht möglich)
Im Rettungsdienst kann ich in 4h auch nicht gleich viel Arbeitsleistung vollbringen wie in 8h.
Wenn der Artikelschreiber einen Job hat, den er dank KI in weniger als der halben Zeit erledigen kann. Ja gut, dann könnte man ggf. aber auch Mitarbeiter einsparen, damit dieser wieder Vollzeit ausgelastet ist, denn dann ist die Arbeit scheinbar recht gut ersetzbar. Aber es trifft bestimmt nicht auf den Groß der Arbeitswelt zu.
Etwas entäuschender Artikel, da bin ich von t3n deutlich Besseres gewohnt.
Wie bereits in den Kommentaren zu lesen, stehe ich nicht alleine mit meiner Meinung! Der Artikel ist sehr stark idealisiert! Er stellt eine Wunsch Vorstellung als vermeintlich real da. Denn in der harten Realität ist es genau umgekehrt, die Personen die später kommen und früher gehen, sind leider genau das Gegenteil von Effizienz! Sie markieren nur das Prinzip „tue so wenig wie möglich um das maximale aus der Gleichung Zeit gegen Bezahlung herauszuholen“ nicht mehr nicht weniger. Es soll tatsächlich noch Menschen geben die während des Studiums aufgepasst haben! So mancher glaubt heute noch ein „Brainstorming oder Jour Fix“ dient dem gemeinsamen Revue passieren von Vorgängen oder soll Denkanstöße geben und bei der Lösung eines Problems kollektiv helfen . Genau die waren in den entsprechenden Vorlesungen nie anwesend, oder nur Kaffee trinken! So kommen solche Absurden Theorien zu stande! Ich mache selbst einige Überstunden vor und nach Arbeitsbeginn bin ich seit Jahren früher bzw. länger da. Warum? Eben weil genau die Personen siehe oben zu langsam sind und ich ihre Arbeit gleich noch mit machen muss! Nicht weil diese so schlau sind, weil sie keinerlei Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Wenn diese ihre Arbeit nicht schaffen, heißt es nur „Sorry“ oder hab ich noch nie gemacht daher dauert es länger. Aber sich selbst und sein Handeln zu reflektieren wäre zu einfach, die meisten sind zu dumm oder zu faul um dies zu tun. Also schieben wir die Schuld lieber auf die Personen die den „Karren jede Woche aufs neue aus dem Dreck ziehen“ damit die Arbeit erledigt wird. Völlig realitätsfern der Artikel, wer dies tatsächlich glaubt sollte sich mal in Psychologie weiterbilden!
Als Arzt ist das ein unglaublich lächerlicher Artikel, der original den Ideen eines Chefs, der Überstunden nicht bezahlen will, entspringen könnte. Die jungen Leute machen mehr Überstunden (sagt ihr ja selbst) und warum können die weniger? Vielleicht eher aufgrund mangelnder Erfahrung statt zu vieler Stunden, oder? Ich bin ganz klar, gerade in Bereichen in denen man selbst bei 250% Produktivität nicht früher gehen könnte (Einzelhandel, Medizin etc), für klare Regelung der Arbeitszeit. Aber das heißt habt in Gegenteil nicht, dass man selbst schuld ist, Überstunden zu machen. Es sollte finanziell entlohnt werden, wenn der jüngste Kollege Zeit investiert, um seinen Erfahrungsnachteil auszugleichen, oder noch da ist, um ein Problem zumindest behelfsmäßig zu lösen, wenn der Rest schon daheim ist.