Wer schrieb die Bibel wirklich? KI versucht, das Geheimnis zu lüften

Wer hat die Bibel verfasst? Über diese Frage zerbrechen sich nicht nur Theolog:innen und Historiker:innen seit Jahrhunderten den Kopf. Nun soll Künstliche Intelligenz helfen, dieser Frage auf den Grund zu gehen.
Interdisziplinäres Team durchkämmt Bibel mit KI
Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe hat eine KI durch Bücher des Alten Testaments gejagt. Das Team aus Computerwissenschaftler:innen, Mathematiker:innen, Physiker:innen und Theologen:innen und Archäologinnen hat seine Ergebnisse in der Zeitschrift Plos One publiziert.
„Kritische Bibelstudien mittels Worthäufigkeitsanalyse: Enthüllung der Autorschaft von Texten“ lautet der Titel der Studie. Auch wenn die Überschrift derartiges vermuten lässt, geht es den Forscher:innen nicht darum, namentlich zuordenbare Urheber von Bibeltexten zu identifizieren.
Stattdessen geht es darum, verschiedene zeitliche Schichten und Autorengruppen herauszufinden, denen man verschiedene Textstellen zuordnen kann. In der Bibelforschung ist es seit langem Konsens, dass das Alte Testament über Jahrhunderte aus verschiedenen Quellen zusammengeschnippselt wurde, etwa in der Zeit von 1400 bis 400 v. Chr. Dass die Texte über diese Zeit immer wieder überarbeitet wurden, macht die Frage der Urheberschaft nicht einfacher.
Forscher:innen identifizieren drei Traditionslinien
Die Wissenschaftler:innen legten ihrer Arbeit drei Traditionslinien zugrunde, die schon länger in der Forschung akzeptiert sind. Da wären erstens die mutmaßlichen Autoren des Deuteronomium, des fünften und letzten Buch Mose. Zweitens das sogenannte Deuteronomistische Geschichtswerk, das in der Bibel chronologisch auf die Bücher Mose folgt. Dazu kommt noch die Priesterschrift, eine Quellenschrift, die sich durch die fünf Bücher Mose ziehen soll.
Das Forschungsteam verglich nun mithilfe der KI diese drei Traditionsschichten nach stilistischen Fragen. So fand sie heraus, dass sich der Stil von Deuteronomium und Deuteronomistische Geschichtswerk untereinander stärker ähnelt als der Priesterschrift.
Überraschende Erkenntnisse bei den Büchern Samuel
Durch die Identifizierung der stilistischen Eigenheiten der drei Gruppen konnten die Wissenschaftler:innen überraschende Funde machen. So entdeckten sie, dass das erste Buch Samuel keiner der drei Traditionen zugewiesen werden kann. Bisher ging man davon aus, dass es derselben Quelle entstammte wie das zweite Buch Samuel. Doch die KI zeigte, dass der Stil sich unterscheidet.
Ihre Erkenntnisse wandten die Studienautor:innen dann auf Kapitel der Bibel an, deren Zuordnung zu einer der drei Traditionslinien bisher fraglich war.
So gingen die Wissenschaftler:innen vor
Normalerweise wird KI via Machine Learning trainiert, indem sie mit großen Datenmengen gefüttert wird. Dies war bei der Studie nicht möglich, da sie mit den ersten Büchern der Bibel ein relativ schmales Textkorpus als Grundlage nimmt.
Die Wissenschaftler:innen gingen also anders vor. Sie verglichen Satzstrukturen und analysierten die Häufigkeit, mit der verschiedene Wörter oder Wortstämme im Text auftauchen. Daraus erstellten sie eine Art Wörterbuch für alle drei Traditionslinien.
Die anhand der Bibel entwickelte Technik könnte laut den Studienautor:innen auch in anderen Gebieten zum Einsatz kommen. Sie könnte helfen zu klären, ob bestimmte Texte, die einer historischen Persönlichkeit zugeordnet werden, auch wirklich von dieser stammen.
15 lustige von KI generierte Bilder